Österreichische Staatsbürger:innen die eine fremde Staatsbürgerschaft annehmen wollen, müssen zuvor bei der zuständigen Behörde in Österreich einen Antrag auf Beibehaltung der österr. Staatsbürgerschaft stellen. Tun sie das nicht, verlieren sie mit der Annahme der neuen (fremden) Staatsbürgerschaft automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft. Viele schmerzt der Verlust der Staatsbürgerschaft, da damit eine Trennung von Österreich geschieht, die oftmals gar nicht gewollt wird. Das Gesetz nennt keine klare Kriterien für die Beibehaltung. Wer ist für den Antrag zuständig? Habe ich eine Chance? Der Versuch eines Wegweisers durch das Verfahren.
Warum muss ich die Beibehaltung beantragen
Österreich versucht Doppelstaatsbürgerschaften zu vermeiden. Wenn eine Person Österreicher:in werden will, verlangen die österr. Behörden von dieser Person, dass sie ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufgibt (näheres in diesem Blogbeitrag).
Umgekehrt verlangt man von Österreicher:innen, die eine fremde Staatsbürgerschaft annehmen wollen, dass sie zuerst die Beibehaltung der österr. Staatsbürgerschaft beantragen. Tun Sie das nicht, verlieren sie in dem Moment, in dem sie die (neue) fremde Staatsbürgerschaft annehmen, ihre bisherige österreichische Staatsbürgerschaft. Die relevanten Bestimmungen finden sich in den §§ 27 und 28 Staatsbürgerschaftsgesetz.
Was sind die Voraussetzungen für die Beibehaltung?
Das Gesetz unterscheidet mehrere Fälle.
1.) bereits erbrachte oder noch zu erwartende Leistungen
Der aus meiner Sicht wichtigste Fall ist jener, in dem die Beibehaltung wegen der bereits erbrachten und noch zu erwartenden Leistungen im Interesse der Republik liegt.
Welche Leistungen das sind, wird im Gesetz allerdings nicht definiert. Als Richtschnur kann man sich an einem Kriterienkatalog des Innenministeriums orientieren. Dieser Katalog wurde zwar für den umgekehrten Fall geschaffen; nämlich für Personen die Österreicher werden wollen. Der Wortlaut der beiden Bestimmungen ist aber sehr ähnlich. Diesen Katalog finden sie hier. In Betracht kommen daher bereits erbrachte (oder noch zu erwartende) Leistungen in wirtschaftlicher, künstlerischer, wissenschaftlicher oder auch sportlicher Hinsicht.
Eine allgemeine Aussage, welche konkreten Tätigkeiten oder welche beruflichen Erfolge als ausreichend erachtet werden, ist nicht möglich. Eine hohe Position in einem Unternehmen, wirtschaftlicher Erfolg oder öffentliche Bekanntheit alleine genügen in aller Regel nicht. Hingegen hat ein:e Forscher:in die im Ausland tätig ist und gleichzeitig in Österreich Lehrtätigkeiten nachgeht – wovon österr. Student:innen und der Forschungsstandort Österreich profitiert –, gute Chancen. Auch Personen, die sich im Ausland für andere Österreicher:innen oder für österreichische Unternehmen engagiert haben, können auf eine positive Entscheidung hoffen.
2.) Besonders berücksichtigungswürdige Gründe (im Interesse der Republik)
Neben dem Fall, dass ein:e Antragsteller:in besondere Leistungen erbracht hat, können auch besonders berücksichtigungswürdige Gründe die Beibehaltung rechtfertigen. Was ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund ist, wird im Gesetz nicht umschrieben. Erschwerend kommt hinzu, dass die Beibehaltung aufgrund dieses besonders berücksichtigungswürdigen Grundes gleichzeitig im Interesse der Republik gelegen sein muss. Das wird bei individuellen Problemen einer Person in aller Regel nicht der Fall sein.
3.) Besonders berücksichtigungswürdige Gründe im Privat- und Familienleben
Personen, welche die österreichische Staatsbürgerschaft (ursprünglich) durch Abstammung erworben haben, können in ihrem Antrag auch einen besonders berücksichtigungswürdigen Grund geltend machen, der in ihrem Privat- und Familienleben begründet liegt. Mit dieser Bestimmung sollen extreme Beeinträchtungen vermieden werden, die dann drohen, wenn die Person die fremde Staatsbürgerschaft nicht annehmen kann bzw. die österreichische verlieren würde. Der Verlust des Wahlrechts, eingeschränkte Besuchsmöglichkeiten von Angehörigen u.ä. reichen nicht aus. In Frage kommt etwa die Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen oder der Verlust des Aufenthaltsrecht in einem anderen Staat. Hervorzuheben ist, dass die Gründe konkret sein müssen. Eine abstrakte Befürchtung oder ein Fall, der unter Umständen erst in einigen Jahren eintreten wird, ist nicht ausreichend. Personen, welche die österr. Staatsbürgerschaft durch Verleihung erworben haben, können hingegen keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund geltend machen, der in ihrem Privat- und Familienleben begründet ist.
4.) Kindeswohl
Zuletzt ist zwischen Volljährigen und Minderjährigen Antragsteller:innen zu unterscheiden. Bei Minderjährigen muss die Beibehaltung bewilligt werden, wenn die Bewilligung dem Kindeswohl entspricht. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn das Kind in den Staaten, deren Staatsangehörigkeit man besitzt oder erhalten will, enge familiäre Bindungen hat und der Besuch, unter Umständen auch ein länger andauernder, erst durch die jeweilige Staatsbürgerschaft ermöglicht wird.
Wer ist für meinen Antrag zuständig?
Die Zuständigkeit richtet sich nach der örtlichen Zuständigkeit im Staatsbürgerschaftsgesetz (vgl. § 39 und § 49 StbG) und liegt dort, wo sich die Staatsbürgerschaftevidenz befindet. Bei Personen, die nach 1966 geboren wurden ist das jene Gemeinde, in der die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt ihren Wohnort hatte.
Die Frage, welche Landesregierung für den Antrag zuständig ist, spielt eine große Rolle. Die Art der Entscheidungsfindung und der Aufwand unterscheiden sich sehr stark. Am aufwendigsten sind nach meiner Erfahrung die Verfahren in Wien, da die Entscheidung nicht allein durch das Amt der Wiener Landesregierung (MA 35) erfolgt, sondern im Zuge des Verfahrens Sachverständige bestellt werden bzw. die sachlich zuständigen Ministerien um die Abgabe einer Stellungnahme ersucht werden.
Wann ist der Antrag zu stellen?
Die Beibehaltung muss von der zuständigen Behörde bewilligt werden, bevor Sie die fremde Staatsbürgerschaft angenommen haben. Das heißt, der Antrag sollte entsprechend früh eingebracht werden. Sie sollten davon ausgehen, dass die Bearbeitung des Antrags einige Monate in Anspruch nehmen kann.
Wie sieht der Antrag aus?
Grundsätzlich ist ein schriftlicher Antrag einzubringen, in dem ausführlich begründet werden sollte, welche Leistungen erbracht wurden und weshalb die Beibehaltung im Interesse Österreichs liegt. Gleichzeitig sollte erklärt werden, weshalb man überhaupt eine andere Staatsbürgerschaft beantragt. Dieses Antragsschreiben und die darin angeführten Gründe ist sehr wichtig.
Informieren sie sich bei der jeweiligen Landesregierung über die notwendigen Unterlagen. Die Stadt Wien bietet eine umfangreiche (und nützliche) Broschüre. Gleichzeitig ist Wien auch jenes Bundesland, das die meisten Unterlagen verlangt. Andere Bundesländer begnügen sich mit weit weniger.
Für die Beurteilung der eigenen Leistungen, werden in der Praxis Bestätigungsschreiben von Dritten vorgelegt. Ich empfehle hier Qualität vor Quantität und rate weniger Schreiben vorzulegen, dafür aber darauf zu achten, dass diese Schreiben von Personen stammen, die in dem jeweiligen Bereich entsprechend anerkannt sind.
Regelmäßig gebe ich bei unverbindlichen Rechtsberatungen eine ehrliche Einschätzung über die Erfolgsaussichten oder gebe mein Feedback über schon formulierte Anträge. Ich vertreter aber regelmäßig von Beginn an und erarbeite gemeinsam mit dem/der Mandant:in den Antrag und die nötigen Unterlagen. Gerne können Sie hier eine Rechtsberatung buchen.
Foto by Ralf Niederhammer