Bei einer Familienzusammenführung werden oft grundlegende Deutschkenntnisse durch ein A1-Sprachzertifikat (Zeugnis) verlangt. Wann ist das der Fall? Eine Übersicht.
„Aufenthaltstitel“ oder Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts?
Die erste Frage lautet, ob ein Aufenthaltstitel beantragt werden soll oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechts (bei Angehörigen von EWR Bürger:innen oder Österreicher:innen, die ihr Recht auf Freizügigkeitkeit in Anspruch genommen haben). Aufenthaltstitel sind etwa die Rot-Weiß-Rot-Karte Plus, eine Niederlassungsbewilligung oder auch eine Aufenthaltsbewilligung. Das Recht, in Österreich zu bleiben, bekommt man erst, wenn man den Aufenthaltstitel in den Händen hält. Bei Unionsbürger:innen bzw. ihren Angehörigen ist das anders (hier folgt ein eigener Beitrag).
Nur bei österreichischen Aufenthaltstiteln wird in der Regel ein Sprachnachweis verlangt. Für Angehörige von Unionsbürger:innen gelten diese Regeln nicht.
Welchen Aufenthaltstitel / Status hat der Angehörige in Österreich?
Die zweite Frage lautet, welche Aufenthaltstitel die Person hat, die bereits in Österreich lebt. Familienangehörige von Inhaber:innen einer Rot-Weiß-Rot-Karte, einer Blauen-Karte-EU oder etwa von Forscher:innen sind ausgenommen, müssen also keine Sprachnachweise vorweisen. Eine Ausnahme sind weiters Familienangehörige von Asylberechtigten.
Das bedeutet im Umkehrschluss: Familienangehörige von Österreicher:innen (die nicht Österreicher:innen sind) oder Menschen mit einer Rot-Weiß-Rot-Karte Plus oder – teilweise – mit einem Daueraufenthalt EU benötigen ein A1-Sprachzertifikat.
Welche Ausbildung hat ihr Angehöriger?
Das ist eine der wichtigsten Fragen:
Hat ihr Angehöriger einen höheren Schulabschluss oder eine höhere Ausbildung abgeschlossen, könnte das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt sein (§ 9 Integrationsgesetz enthält noch andere Fälle, mit denen das Modul 1 erfüllt wird). In diesem Fall entfällt die Verpflichtung ein A1-Sprachzertifikat vorzulegen. Achtung: Das Gesetz verlangt einen Schulabschluss, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Universitätsgesetz oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht. Nicht jeder ausländische Schulabschluss entspricht diesen Anforderungen (im Fall Afghanistans siehe hier).
Um zu überprüfen, ob der Schulabschluss die Voraussetzungen des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wird die Aufenthaltsbehörde ENIC NARIC Austria (eine Einrichtung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung) um eine Gleichwertigkeitsprüfung ersuchen. Sollte diese gegeben sein, ist das Modul 1 der Integrationsprüfung erfüllt.
Eine höhere Ausbildung kann somit die Vorlage eines A1-Sprachzertifikats ersetzen.
Ausnahmen u.a. für Kinder und erkrankte Antragsteller
Das Gesetz enthält schließlich noch weitere Ausnahmen. Darunter fallen etwa unmündige Minderjährige, das heißt Kinder unter 14 Jahren. Personen die schwer erkrankt und nicht in der Lage sind, einen Sprachnachweis vorzulegen, sind ebenfalls befreit. Im letzten Fall muss dafür ein medizinisches Sachverständigengutachten vorgelegt werden. Im Ausland geschieht dies über die Vertrauensärzte der zuständigen österreichischen Botschaft.
Ob ein Sprachzertifikat vorgelegt werden muss, hängt somit von vielen Umständen ab. Sind Sie sich nicht sicher? Gerne können Sie hier einen Termin für eine unverbindliche Rechtsberatung buchen.
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