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„Letzte Generation“ – Erfolgreiche Maßnahmenbeschwerde gegen die Anhaltebedingungen

Gemeinschaftszelle 513


Am 28. Februar 2024 haben Aktivist:innen der „Letzte Generation“ vor dem Parlament in Wien für das Grundrecht auf Klimaschutz protestiert. Nach der Auflösung der Versammlung wurden 41 Aktivist:innen festgenommen und in zwei völlig überfüllte, für jeweils nur 6 Personen ausgelegten, Gemeinschaftszellen im Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände verbracht. Die Haftbedingungen waren menschenunwürdig. Der von uns eingebrachten Maßnahmenbeschwerde wurde von Seiten des Verwaltungsgericht Wien stattgegeben und die Anhaltungen für rechtswidrig erklärt.

Hintergrund

Am Morgen des 28. Februar 2024 wurden Aktivist:innen der Letzten Generation aufgrund einer Verwaltungsübertretung festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) Rossauer Lände eingeliefert. 22 Frauen und 19 Männer wurden in der Folge über mehrere Stunden, teilweise bis zum Abend, in zwei Gemeinschaftszellen angehalten, die jeweils nur für 6 Personen ausgelegt waren.

In der von Mag. Ralf Niederhammer eingebrachten Maßnahmenbeschwerde wurde gerügt, dass den Aktivist:innen nur etwas mehr als 1 m² Raum zur Verfügung standen, ausreichende Sitzgelegenheiten fehlten und die Räume nicht ausreichend belüftet waren. Die Anhaltung widersprach den Empfehlungen des österr. Menschenrechtsbeirates (MRB) sowie den Empfehlungen des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe(CPT).

Erkenntnis des Verwaltungsgericht Wien

Das Verwaltungsgericht Wien entschied am 25. Juli 2024, dass die Anhaltung unserer Mandant:innen in den überfüllten Gemeinschaftszellen rechtswidrig war.

In der Entscheidung hält das Gericht fest, dass die Anhaltungen der Aktivist:innen weder unter Achtung der Menschenwürde, noch unter Schonung der angehaltenen Person erfolgten. Das Gericht folgte der Argumentation in der Maßnahmenbeschwerde, wonach die Empfehlung des CPT und des Menschenrechtsbeirates über die Mindestgrößen von Zellenräumen, auch bei kurzfristigen Anhaltung zu beachten sind. Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt u.a, dass Räume als akzeptabel betrachtet werden, wenn mindestens 3-3,5 m² pro Person zur Verfügung stehen. Diese Mindestandards wurden im Fall unserer Mandant:innen nicht eingehalten.


Bedeutung der Entscheidung

Dieses Erkenntnis ist ein großer Erfolg, da die Landespolizeidirektion Wien die Meinung vertrat, dass bei kurzfristigen Anhaltungen die Empfehlungen bzw. Mindeststandards des Menschenrechtsbeirates und des CPT nicht gelten würden. Die Landespolizeidirektion wird daher in Zukunft auch bei kurzfristigen Anhaltungen darauf achten müssen, dass die Betroffenen über ausreichend Platz verfügen und jene Mindeststandards, die sich aus dem Gesetz und den Empfehlungen des MRB und des CPT ergeben, beachtet werden.

Medienberichte zu diesem Thema

Die Presse vom 31.07.2024, 22 Klimaaktivistinnen in einer Zelle in Wien eingesperrt: Nicht rechtens

www.oe24.at vom 31.07.2024, 22 Klimakleber in 25-m²-Zelle – war „nicht rechtens“

orf.at vom 31.07.2024, 22 Klimaschützerinnen in einer Zelle: Nicht rechtens

Beratung und Unterstützung bei Festnahmen und Anhaltungen

Wir beraten in Fällen von Festnahmen und Anhaltungen über ihre rechtlichen Möglichkeiten, die Risiken und die Erfolgsaussichten von Beschwerden. Einen Termin können Sie hier online buchen.

Autoren: Ralf Niederhammer, Sharon Minhas

Bild: LPD Wien