Zahlreiche Anfragen an unsere Kanzlei betreffen die Verfahrensdauer. Insbesondere in Staatsbürgerschaftsverfahren sind Verfahren die mehrere Jahre dauern leider keine Seltenheit. Aber auch Studenten:innen, Personen mit einer Rot-Weiß-Rot Karte Plus – die sich teilweise seit vielen Jahren in Österreich aufhalten – und EU-Bürger:innen warten oftmals mehr als ein Jahr auf die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels oder ihrer Dokumentation.
Arbeitgeber:innen wissen oftmals nicht, dass man sich rechtmäßig aufhält und auch weiterhin arbeiten darf, wenn man rechtzeitig die Verlängerung des Aufenthaltstitels beantragt hat. Das überschrittene Ablaufdatum auf der alten Karte führt daher oft zu Missverständnissen und Problemen mit dem/der Arbeitgeber:in. Das Einkommen aus der Arbeit braucht man aber wiederum für die Verlängerung des Aufenthaltstitels.
Wie lange darf ein Verfahren dauern?
Jede Behörde und jedes Gericht hat bei sich anhängige Verfahren innerhalb eines bestimmten Zeitraums abzuschließen. Das gilt auch für bestimmte Verfahrenshandlungen, etwa einer beantragten mündlichen Verhandlung. Dieser Zeitraum richtet sich nach dem jeweiligen Verfahren bzw. dem jeweils anzuwendenden Gesetz.
Im Verwaltungsverfahren, das sind jene Verfahren die von einer Verwaltungsbehörde, etwa dem Magistrat oder den Bezirkshauptmannschaften, geführt werden, ist in § 8 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) die Möglichkeit einer Säumnisbeschwerde vorgesehen. Die Frist für die Erhebung im Verwaltungsverfahren ist – mit einigen wenigen Ausnahmen – sechs Monate (das gilt auch für das Verwaltungsstrafverfahren). Im Strafverfahren kann ein solches Rechtsmittel notwendig sein, wenn das schriftliche Urteil nicht binnen vier Wochen ausgefertigt, das heißt vom zuständigen Richter abgefasst und übermittelt wurde. Ohne Urteil kann schließlich kein Rechtsmittel verfasst werden. Für die ordentlichen Gerichte, das heißt jene Gerichte die in Zivil- und Strafverfahren entscheiden, gibt es in § 91 Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) die Möglichkeit eines Fristsetzungsantrags (Achtung: für überlange Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gelten andere Regeln).
Nachfolgend möchte ich einen kurzen Überblick über eine Säumnisbeschwerde im Verwaltungsverfahren geben:
Das Verfahren ist bereits länger als sechs Monate anhängig. Muss die Behörde nicht von selbst das Verfahren nach sechs Monaten abschließen?
Grundsätzlich ja. Die Behörde/ das Gericht muss versuchen, ein Verfahren so rasch wie möglich abzuschließen. Eine konkrete Frist, dass das Verfahren nach sechs Monaten abgeschossen sein muss, gibt es allerdings – mit Ausnahmen – nicht.
Erst nach sechs Monaten bekommen Sie das Recht eine Säumnisbeschwerde zu erheben. Sie müssen sich also selbst gegen die lange Dauer des Verfahrens zur Wehr setzen. Die Behörde hat nach der Einbrigung der Säumnisbeschwerde noch drei Monate Zeit das Verfahren selbst abzuschließen. Tut sie das nicht, geht die Zuständigkeit von Gesetzes wegen auf das zuständige Verwaltungsgericht in ihrem Bundesland über. Die Behörde muss dann Ihren Akt an das Verwaltungsgericht übermitteln. Das Verwaltungsgericht entscheidet dann anstelle von der Behörde als erstes über Ihren Antrag.
Die Frist von sechs Monaten gilt auch für die Verwaltungsgerichte (Bundesverwaltungsgericht sowie die Verwaltungsgerichte der Länder). Sollte über Ihre Beschwerde nicht rechtzeitig entschieden worden sein oder hat das Verwaltungsgericht keine Verhandlung anberaumt, können Sie einen Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Für diesen Fristsetzungsantrag gilt allerdings Anwaltspflicht, das heißt, der Antrag muss von einem Anwält:in unterschrieben worden sein.
Wann sollte keine Säumnisbeschwerde erhoben werden?
Von einer Säumnisbeschwerde oder einem Fristsetzungsantrag ist eher abzuraten, wenn die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht keine Schuld an dem langen Verfahren trifft. Etwa dann, wenn man selbst notwendige Unterlagen nicht rechtzeitig vorgelegt hat.
Man sollte sich die Erhebung einer Säumnisbeschwerde auch gut überlegen, wenn man nicht sicher ist, ob dem eigenen Antrag auch stattgegeben wird. Durch die Säumnisbeschwerde „übergeht“ man eine Entscheidungsinstanz. Das Verwaltungsgericht, das ja grundsätzlich erst über eine Beschwerde der Behörde entscheidet, nimmt die erste Sachentscheidung vor. Danach stehen nur mehr die außerordentlichen Rechtsmittel an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) und / oder Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zur Verfügung. Beide Gerichtshöfe führen allerdings in der Regel kein Beweisverfahren mehr durch, sondern überprüfen verkürzt gesagt lediglich, ob das Verfahren beim Verwaltungsgericht korrekt abgelaufen ist.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, warum das Verfahren so lange dauert, kann eine Akteneinsicht sinnvoll sein. Dadurch erhalten sie oder ihr Rechtvertreter einen Überblick über das Verfahren und die Gründe für die Verzögerung.
Bei der Erhebung einer Säumnisbeschwerde fallen Gebühren an.
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